Patientenspezifische 3D-Implantate

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Lisa Ernst · 21.11.2025 · Gesundheit · 10 min

Wenn uns ein Chirurg aus einem Schweizer Spital anruft, weil nach einem Unfall ein Stück Schädel fehlt und die OP in zwei Wochen geplant ist, tickt bei uns in der Werkstatt sofort die Uhr. In solchen Situationen merkst du sehr schnell, ob dein Workflow für patientenspezifische 3D-Implantate wirklich funktioniert oder ob alle noch im Chaos Mails und DICOM-Dateien hin- und herschicken. Aus einem CT-Datensatz wird dann innerhalb weniger Tage ein sauberes 3D-Modell, daraus ein Implantat oder ein anatomisches Modell, das exakt zu diesem einen Patienten passt. In der Praxis erleben wir immer wieder, wie viel entspannter ein Team in den OP geht, wenn es die Anatomie vorher buchstäblich in der Hand hatte.

Genau dafür nutzen Spitäler, Praxen und Medtech-KMU patientenspezifische 3D-Implantate: Sie planen komplexe Eingriffe, reduzieren das Risiko von Überraschungen im OP und können Patientinnen und Patienten sehr konkret zeigen, was passieren wird. Gleichzeitig lauern unterwegs einige Fallstricke – falsche Scan-Parameter, unklare Verantwortlichkeiten, zu optimistische Annahmen über Desktop-Drucker. Weiter unten findest du unseren typischen Ablauf von der Anfrage bis zum fertigen Teil, inklusive konkreter Einstellungen und der Fehler, die wir am Anfang selbst gemacht haben.

Grundlagen

Wenn wir von patientenspezifischen 3D-gedruckten Implantaten sprechen, meinen wir Bauteile, die exakt zur Anatomie einer einzelnen Person passen und auf CT- oder MRT-Daten beruhen. Typische Beispiele sind Schädelplatten nach Trauma oder Tumor, Platten und Bohrschablonen in der Orthopädie, Zahnimplantate mit Bohrschienen sowie Orthesen und Masken für Lagerung oder Strahlentherapie. Der grobe Ablauf ist immer gleich: Du startest mit Bilddaten aus der Radiologie, segmentierst die relevanten Strukturen, erzeugst daraus ein 3D-Oberflächenmodell (zum Beispiel im STL-Format) und bereitest dieses für den 3D-Druck eines Implantats oder eines Testmodells auf.

Ein patientenspezifisches Implantat ist immer nur für eine konkrete Person gedacht – etwa eine Schädelplatte, die genau den Defekt im CT schliesst und weder grösser noch kleiner sein darf. In der Regulierung spricht man zusätzlich von Custom-made devices (CMD): Das sind Medizinprodukte, die aufgrund einer schriftlichen Verordnung mit patientenspezifischen Designmerkmalen für genau einen Patienten hergestellt und nicht in Serie produziert werden. Patient-matched devices liegen irgendwo dazwischen: Sie werden in validierten Serienprozessen produziert, aber an die Anatomie eines Patienten angepasst, zum Beispiel patientenspezifische Platten eines grossen Implantatherstellers.

Sobald ein Teil im Körper landet oder direkt für Diagnose oder Therapie verwendet wird, sprechen wir rechtlich von einem Medizinprodukt. Dann spielst du automatisch nach den Regeln der EU-MDR, der nationalen Gesetze und einschlägiger Normen, etwa im Qualitätsmanagement. Die Schweizer Aufsichtsbehörde Swissmedic fasst das in einem Merkblatt zu 3D-Druckern und Medizinprodukten kompakt zusammen – inklusive Verweisen auf relevante Normen und Standards (ISO-Standards). Rein zu Schulungs- oder Demonstrationszwecken gedruckte Modelle sind regulatorisch deutlich einfacher, solange klar dokumentiert ist, dass sie nicht zur direkten Therapieentscheidung eingesetzt werden.

Vorbereitung

Bevor du die erste Schicht druckst, solltest du ziemlich genau wissen, was am Ende auf dem Tisch liegen soll. Geht es um ein patientenspezifisches Implantat, eine OP-Schablone, ein anatomisches Trainingsmodell für Studierende oder ein Demonstrationsobjekt für Patientengespräche? Je klarer der Zweck, desto einfacher die Materialwahl, die Software-Entscheidungen und die Abstimmung mit dem Spital oder dem Kunden.

In Projekten mit Implantaten oder OP-Schablonen kommst du um ein sauberes Setup mit klaren Rollen nicht herum. In der Regel brauchst du einen verantwortlichen Arzt, die Radiologie für die Bildgebung, ein Medizintechnik-Team bzw. einen Hersteller mit zugelassenem Qualitätsmanagement-System und eine dokumentierte Zuordnung zu EU-MDR oder nationalen Vorgaben. Für reine Anatomiemodelle kannst du etwas lockerer planen, zum Beispiel in Kooperation zwischen Klinik, Hochschullabor und Maker-Szene – wichtig ist nur, dass schriftlich feststeht, dass das Modell kein Medizinprodukt ist.

Technisch brauchst du als Basis Bilddaten im DICOM-Format, meistens CT mit Schichtdicken von 0,5 bis 1 Millimeter. Gröber gescannte Datensätze sehen im 3D-Modell schnell blockig aus und machen das Leben in der Konstruktion unnötig schwer. Für sensible Bereiche wie Schädelbasis oder Wirbelsäule hat sich in unseren Projekten eine maximale Schichtdicke von 1 Millimeter bewährt. Für die Segmentierung nutzen viele Teams Open-Source-Software wie 3D Slicer oder kommerzielle Lösungen wie Materialise Mimics; bei 33d.ch sehen wir beide Varianten regelmässig in Kundenprojekten.

Beim 3D-Druck selbst entscheidest du je nach Ziel zwischen Inhouse-Fertigung und zertifiziertem Partner. Für reine Trainings- und Anatomiemodelle reicht in vielen Fällen ein sauber kalibrierter FDM- oder Harzdrucker. Geht es um Implantate oder hochbelastete Schablonen, kommen meist Metalle wie Titan, Hochleistungspolymere wie PEEK oder PEKK und spezielle medizinische Harze zum Einsatz – in der Regel bei einem Dienstleister, der genau auf diese Materialien und Normen ausgelegt ist.

Praktische Checkliste aus unserer Werkstatt

In der Praxis hat sich für uns folgende Reihenfolge bewährt, bevor wir überhaupt an den Slicer denken:

Wenn all das sauber steht, laufen die eigentlichen Design- und Druckschritte deutlich ruhiger – und du musst später weniger improvisieren.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Die Herstellung patientenspezifischer 3D-gedruckter Implantate und Modelle folgt bei uns fast immer demselben Muster. Die Details ändern sich je nach Fachgebiet, aber die Logik bleibt gleich.

Schritt 1: Klinischen Use Case und Produktart definieren

Gemeinsam mit Chirurgie und Radiologie klären wir zuerst, wofür das Modell oder Implantat genau genutzt werden soll – zum Beispiel eine patientenspezifische Schädelplatte nach einem Unfall, eine Bohrschablone für Zahnimplantate oder ein Herzmodell für die OP-Planung. Gleichzeitig legen wir fest, ob es sich um ein Implantat, eine OP-Schablone oder ein reines Anatomiemodell handelt, denn davon hängt die Einstufung als Custom-made Device, patient-matched Device oder Nicht-Medizinprodukt ab. Ein guter Test: Du kannst den Use Case in einem Satz aufschreiben und alle Beteiligten nicken dazu.

Schritt 2: Bildgebung planen und durchführen

Für knöcherne Strukturen planen wir in der Regel eine CT-Untersuchung, für bestimmte Weichteil-Anwendungen ein hochauflösendes MRT. Wichtig sind die Parameter: Schichtdicke maximal 1 Millimeter, passende Rekonstruktions-Kernel und ein Field of View, der die relevante Region komplett abdeckt. In der Praxis sehen wir immer wieder Datensätze, bei denen der halbe Unterkiefer fehlt – das nervt, weil du dann alles neu scannen musst. Im DICOM-Viewer prüfen wir deshalb konsequent, ob der Datensatz vollständig und artefaktarm ist.

Schritt 3: Segmentierung und 3D-Oberflächenmodell erstellen

Die DICOM-Daten landen anschliessend in einer Segmentierungs-Software wie 3D Slicer oder Mimics. Dort werden die Zielstrukturen markiert – beispielsweise Schädelkalotte, Kieferkamm oder Wirbelkörper – und als 3D-Mesh exportiert, meistens im STL-Format. Typische Stolperfallen kennen wir gut: Löcher im Mesh nach starker Metallartefakt-Reduktion, abgeschnittene Spitzen bei zu kleinem Field of View oder Treppenartefakte bei zu grosser Schichtdicke. Wir legen deshalb immer eine kurze visuelle Kontrolle oben drauf, indem wir das 3D-Modell mit den Originalbildern überlagern und Kanten sowie Konturen vergleichen.

Schematischer Workflow zur Herstellung eines patientenspezifischen 3D-gedruckten Knochenimplantats mit optimierter Gitterstruktur.

Quelle: 3dprintingindustry.com

Schematischer Workflow zur Herstellung eines patientenspezifischen 3D-gedruckten Knochenimplantats mit optimierter Gitterstruktur.

Schritt 4: Implantat oder Modell konstruieren

Auf Basis der segmentierten Anatomie entsteht das eigentliche Design. Für komplexe Fälle nutzen wir gern medizinische Designsoftware wie Materialise 3-matic Medical, mit der sich Gitternetzstrukturen, Schraubenlöcher und Übergänge sehr fein steuern lassen. Bei einer Schädelplatte definieren wir zum Beispiel die Kontur entlang der Defektgrenzen, die Plattendicke und die Lage der Fixierungspunkte; bei Bohrschablonen legen wir Hülsen so, dass Winkel und Tiefe der Bohrung exakt geführt werden. Fehler, die uns selbst passiert sind: zu dünne Stege, die beim Entfernen der Stützen brechen, oder Geometrien, die sich im OP kaum noch platzieren lassen. Heute arbeiten wir deshalb mit klaren Mindestdicken und Randabständen, die wir mit jedem Projekt weiter schärfen.

Schritt 5: Druckstrategie und Material wählen

Für echte Implantate setzen wir konsequent auf zertifizierte Partner, die Titan- oder PEEK-Implantate in validierten Prozessen herstellen. Für Anatomiemodelle und Trainingsobjekte drucken wir viel selbst – häufig mit FDM oder Harz. Bewährt haben sich bei uns Schichthöhen von 0,1 bis 0,2 Millimeter, weil das Verhältnis aus Detailtreue und Druckzeit gut passt. Eine einfache Kontrolle ist ein Referenzmass im Modell, etwa ein 50-Millimeter-Steg, den wir nach dem Druck nachmessen. Liegt die Abweichung unter einem Millimeter, ist das für die meisten Planungszwecke mehr als ausreichend.

Materialwahl im Schnellvergleich

Einsatzzweck Typisches Material Kommentar aus der Praxis
Anatomiemodelle, Patientengespräche PLA / PETG Gut druckbar, günstig, trockene Lagerung reicht meist.
OP-Planung, Bohrschablonen-Prototypen Harze, technische Kunststoffe Mehr Details, aber empfindlicher – Aushärtung und Reinigung ernst nehmen.
Implantate, belastete Guides Titan, PEEK, PEKK Nur in regulierter Umgebung mit geprüften Prozessen sinnvoll.

Schritt 6: Postprocessing, Qualitätssicherung und Dokumentation

Nach dem Druck entfernen wir Stützstrukturen, reinigen das Teil und bereiten je nach Einsatzzweck die Sterilisation vor. Bei Implantaten gehören für den Hersteller mechanische Prüfungen, Masskontrollen und eine formale Freigabe im Qualitätsmanagementsystem dazu; ohne ein solides System hinter den Kulissen geht hier nichts. Hersteller von Custom-made Devices müssen dafür ein vollständiges Qualitätsmanagement nach EU-MDR nachweisen. Für Trainings- und Anatomiemodelle reicht in vielen Fällen eine dokumentierte Sichtprüfung, ein Soll-Ist-Vergleich ausgewählter Masse und kurzes Feedback der Anwender nach dem Einsatz.

Schritt 7: Klinische Anwendung, Feedback und Iteration

Der spannendste Moment ist immer der erste Einsatz: Passt die Platte wirklich so gut, wie das virtuelle Modell versprochen hat? Wird die Bohrschablone intuitiv genutzt oder klemmt sie an einer unerwarteten Stelle? Nach solchen Fällen holen wir gezielt Rückmeldungen aus dem OP und dokumentieren Passgenauigkeit, Handling und Auffälligkeiten. Daraus entstehen nach und nach hausinterne Designregeln und Checklisten, mit denen spätere Projekte deutlich schneller und sicherer werden. Bei 33d.ch ist genau aus diesem Feedbackprozess unser heutiger Standard-Workflow für patientenspezifische Projekte entstanden.

Häufige Fehler & Lösungen

Viele Schwierigkeiten wiederholen sich in Projekten immer wieder – egal ob es um Schädelplatten, Zahnführungen oder Orthesen geht. Drei typische Stolpersteine sehen wir besonders oft.

Fehler 1: Die Regulierung kommt zu spät ins Spiel. Am Anfang wirkt ein Implantatprojekt oft wie ein spannender Technik-Case, und plötzlich stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich Hersteller im Sinne der EU-MDR? Wenn darauf niemand eine klare Antwort hat, ist das ein Warnsignal. Unsere Lösung: Schon beim Projektstart definieren wir, welcher Partner als Hersteller auftritt, wie die Freigabe läuft und welche Dokumente am Ende im technischen Dossier landen müssen.

Fehler 2: CT-Daten sind zu grob oder unvollständig. Das ist uns am Anfang auch passiert: Wir hatten einen schönen Datensatz mit 2-Millimeter-Schichten – bis wir das Modell im Viewer gedreht haben und überall Treppenartefakte sahen. Solche Daten eignen sich kaum als Basis für präzise Platten oder Guides. Heute verlangen wir konsequent Schichtdicken von maximal 1 Millimeter und prüfen jede Serie kurz im Viewer, bevor jemand mit der Segmentierung loslegt.

Fehler 3: Desktop-Drucker werden überschätzt. Für Prototypen und Trainingsobjekte lieben wir unsere Werkstatt-Drucker, aber sie ersetzen keinen qualifizierten Implantathersteller mit geprüften Materialien und validierten Prozessen. Wenn jemand sagt: "Das drucken wir doch schnell in Titan im Keller", wissen wir, dass erst einmal ein Gespräch über Rollen und Verantwortung fällig ist. Unsere Faustregel: Design und Testmodelle gern inhouse, alles, was in den Körper kommt, gehört in einen streng regulierten Fertigungsprozess.

Ein schönes Beispiel aus der Praxis: In einem HNO-Projekt wurden 3D-gedruckte Sinus-Modelle zuerst als reine Trainingsobjekte genutzt. Das Material war allerdings so weich, dass das Fräsgefühl kaum etwas mit der Realität zu tun hatte – das frustriert vor allem erfahrene Operateure. Nach einem Materialwechsel und angepassten Wandstärken war das Handling deutlich realistischer, und in einer Studie konnten die Modelle sogar sinnvoll mit Kadavern verglichen werden. Solche Feedbackschleifen sind Gold wert, weil sie direkt in bessere Designs und Materialentscheidungen fliessen.

Varianten & Anpassungen

Der oben beschriebene Ablauf lässt sich auf ganz unterschiedliche Ziele anpassen – solange du weisst, wo du kreativ sein darfst und wo die Regulierung dir klare Grenzen setzt. Für patientenspezifische Metallimplantate arbeiten viele Teams mit spezialisierten Herstellern zusammen, die aus dem Design eine Titan- oder PEEK-Lösung fertigen und die regulatorischen Nachweise beisteuern. Bei Orthesen oder Positionierungshilfen, etwa in der Strahlentherapie, kannst du einzelne Schritte auch inhouse abbilden, solange der Gesamtprozess in ein geprüftes Qualitätsmanagement eingebettet ist.

Sehr spannend sind 3D-gedruckte Anatomiemodelle als Ergänzung oder Ersatz zu Kadavern in der Ausbildung. In Studien zeigen solche Modelle, dass sie in bestimmten Szenarien eine vergleichbare oder sogar bessere Wissensvermittlung ermöglichen – und gleichzeitig viel einfacher skalierbar sind, weil du sie beliebig oft nachdrucken kannst. Für uns sind sie besonders dann sinnvoll, wenn seltene Pathologien oder komplexe Varianten trainiert werden sollen, die du an einem "Standard-Kadaver" kaum findest.

Für Technikfans und Maker, die sich an anatomischen Modellen versuchen möchten, ohne sofort in die Medizinproduktewelt einzutauchen, lohnt sich ein Blick auf offene Plattformen wie die NIH 3D Print Exchange. Dort findest du geprüfte anatomische Modelle, Molekülstrukturen und Lehrmodelle, die bewusst für Bildung und Forschung bereitgestellt werden. Wichtig ist nur, dass klar bleibt: Diese Dateien sind nicht automatisch als Implantate oder OP-Schablonen zugelassen – sie liefern dir aber eine hervorragende Basis zum Lernen, Experimentieren und für erste eigene Projekte.

Auch bei den Materialien ist viel Bewegung drin. Im klinischen Alltag dominieren aktuell Metalle wie Titan, biokompatible Polymere wie PEEK und PEKK, technische Kunststoffe sowie Silikone und Harze. Parallel dazu forscht die Community an hydrogelbasierten Bioinks mit lebenden Zellen, die perspektivisch für Gewebe- oder Organstrukturen genutzt werden könnten. In unserer täglichen Arbeit taucht das eher als spannender Ausblick auf – die meisten Projekte drehen sich nach wie vor um "klassische" Kunststoffe und Metalle, die sich zuverlässig drucken, reinigen und dokumentieren lassen.

Quelle: YouTube

Wenn du den Workflow von CT-Daten zum fertigen 3D-Modell einmal Schritt für Schritt sehen möchtest, lohnt sich ein Blick in das eingebettete Video. Dort siehst du sehr gut, wie DICOM-Import, Segmentierung und Modellaufbereitung ineinandergreifen – genau die Schritte, die wir in unseren Projekten täglich durchlaufen.

FAQ: Fragen, die uns in Projekten immer wieder begegnen

Zum Schluss beantworten wir noch ein paar Fragen, die uns im Alltag bei 33d.ch regelmässig gestellt werden – ob am Telefon, im Meetingraum oder direkt an der Maschine.

Frage 1: Kann ich patientenspezifische Implantate einfach mit einem guten Desktop-3D-Drucker herstellen?

Kurze Antwort: nein. Für Implantate und OP-Schablonen gelten die Anforderungen an Medizinprodukte – also Qualitätssicherung, Materialnachweise, Risikomanagement und oft auch klinische Bewertung. Ein Desktop-Drucker ist super für Prototypen, Testteile oder Trainingsmodelle, ersetzt aber keinen zertifizierten Herstellprozess mit validierten Parametern und dokumentierter Rückverfolgbarkeit. Ein sinnvoller Weg ist: Du entwickelst das Design und testest es mit eigenen Druckern, lässt das eigentliche Implantat aber von einem zugelassenen Hersteller produzieren und freigeben.

Frage 2: Wie fein müssen CT- oder MRT-Daten sein, damit sich 3D-Modelle sinnvoll drucken lassen?

Für Knochen haben sich in unserer Praxis Schichtdicken von 0,5 bis 1 Millimeter bewährt. Gröbere Schichten erzeugen sichtbare Stufen und kosten dich in der Nacharbeit viel Zeit. Viele Teams kommen mit 1 Millimeter für chirurgische Guides gut zurecht, während 1,25 Millimeter oft schon grenzwertig sind. Für sehr komplexe Strukturen – etwa Schädelbasis oder feine Gelenkflächen – lohnt sich ein spezielles 3D-Druck-Protokoll in der Radiologie, das genau auf dein Projekt abgestimmt ist.

Frage 3: Welche Vorteile haben 3D-gedruckte Anatomiemodelle in der Ausbildung gegenüber Kadavern?

3D-Modelle sind beliebig reproduzierbar, brauchen keine Kühlung und lassen sich gezielt so gestalten, dass bestimmte Pathologien oder Varianten hervorgehoben werden. Du kannst farblich codieren, beschriften, sägen, bohren – und das Modell danach einfach erneut drucken. Gerade für grosse Kohorten in der Ausbildung oder für wiederkehrende Simulationstrainings sind solche Modelle deshalb sehr attraktiv. Unser Eindruck aus Projekten mit Hochschulen: Studierende trauen sich an gedruckten Modellen oft mehr zu und wiederholen kritische Schritte häufiger als am Kadaver.

Frage 4: Was hat es mit Bioprinting und Biofilamenten auf sich – ist das schon Alltag?

Bioprinting arbeitet mit sogenannten Bioinks, meist hydrogelförmigen Trägermaterialien, in denen lebende Zellen eingebettet sind. Damit lassen sich im Labor Gewebestrukturen, Tumormodelle oder Testsysteme für Medikamente herstellen. Im klinischen Alltag begegnet uns das bisher kaum; dort dominieren nach wie vor Titan, PEEK und diverse Kunststoffe. Wenn du mit patientenspezifischen Implantaten starten möchtest, ist es sinnvoll, dich zunächst auf diese etablierten Materialien zu konzentrieren und Bioprinting eher als spannendes Zukunftsthema zu sehen.

Frage 5: Wo finde ich seriöse 3D-Modelle für Training und Patientenedukation?

Eine sehr gute Anlaufstelle ist die NIH 3D Print Exchange. Dort findest du tausende biomedizinische Modelle – von Organen über Knochen bis hin zu Molekülen – sowie Werkzeuge, um eigene Dateien zu erstellen. Parallel dazu pflegen viele Universitätsbibliotheken und Medizintechnik-Labore eigene, kuratierte Sammlungen von 3D-Print-Ressourcen, die speziell für Lehre und Simulation erstellt wurden. So kannst du relativ schnell mit hochwertigen Datensätzen arbeiten, ohne alles selbst von Null aufzubauen.

Mini-Fazit für deinen Alltag mit patientenspezifischen 3D-Implantaten

Wenn du das im Hinterkopf behältst, wird aus dem ersten patientenspezifischen Projekt kein Experiment, sondern der Start in einen wiederholbaren Prozess.

Passt gut dazu (als nächste Themen im Blog):

Quelle: YouTube

Das zweite Video zeigt, wie Kliniken und Industrie zusammenarbeiten, um patientenspezifische Implantate in grösserem Massstab umzusetzen. Wenn du schauen möchtest, wie sich dein eigener Workflow langfristig professionalisieren lässt, ist das eine gute Inspirationsquelle.

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