3D-Druck: Dienstleister oder Eigenkauf?
Montagmorgen in einem kleinen Betrieb irgendwo zwischen Zürich und Aargau: Jemand braucht «schnell» eine Halterung für ein neues Sensorgehäuse. Die STL-Datei ist in einer Stunde gezeichnet – und dann kommt die Frage: Schicken wir das File an einen 3D-Druck-Dienstleister oder stellen wir uns endlich selber einen Drucker in die Werkstatt?
Genau diese Situation erleben wir bei 33d.ch immer wieder – bei Hobby-Maker:innen genauso wie bei KMU oder Schulen. Auf der einen Seite lockt die Freiheit, jederzeit selber drucken zu können. Auf der anderen Seite steht der Komfort eines Services, der sich um Material, Wartung und Ausschuss kümmert. Und irgendwo dazwischen sitzt das Budget und fragt: «Was lohnt sich wirklich?»
Wir zeigen dir, wie wir diese Entscheidung in der Praxis angehen: mit einfachen Kennzahlen, realistischen Kostenbeispielen und ein paar Lessons Learned aus unserer Werkstatt in der Schweiz.
Warum die Entscheidung mehr ist als ein Preisvergleich
Wer nur auf den Stückpreis schaut, übersieht schnell die halbe Wahrheit. Aus unserer Sicht geht es immer um fünf Punkte:
- Direkte Kosten pro Teil (Material, Strom, Maschinenzeit, Dienstleisterpreise).
- Zeit bis zum fertigen Teil – also Durchlaufzeit von Idee bis Bauteil in der Hand.
- Qualität & Risiko: Wie oft gibt es Ausschuss, wer prüft die Teile, wie stabil sind die Prozesse?
- Ressourcen & Know-how: Wer kümmert sich intern um Slicer, Wartung und Fehleranalyse?
- Sicherheit & Verantwortung, gerade bei Schulen oder offenen Labs (Emissionen, Aufsicht, Schutzmassnahmen).
Wenn wir mit Kund:innen sprechen, merken wir schnell: Die «richtige» Lösung ist selten schwarz-weiss. Häufig landet man in einer Mischform – Standardteile Inhouse, Spezialteile beim Dienstleister.
Kurzvergleich: 3D-Druck-Dienstleister vs. eigener Drucker
| Kriterium | 3D-Druck-Dienstleister | Eigener 3D-Drucker (FDM) |
|---|---|---|
| Fixkosten | Keine Anschaffung, keine Wartung – ihr bezahlt pro Auftrag. | Anschaffung ab ca. 300–1 000 CHF plus Zubehör und gelegentliche Ersatzteile. |
| Stückkosten (kleine Teile) | Oft hohe Stückpreise bei Kleinserien, Set-up-Gebühren und Versand. | Material- und Stromkosten meist im niedrigen einstelligen Frankenbereich pro Teil. |
| Durchlaufzeit | Typisch 3–7 Arbeitstage inkl. Angebot, Freigabe und Versand. | Iterationen in Stunden möglich – ideal fürs schnelle Prototyping. |
| Know-how | Kaum internes Wissen nötig, Service kümmert sich um alles. | Ein Teammitglied sollte sich um Profile, Wartung und Fehlersuche kümmern. |
| Flexibilität | Sehr gut für exotische Materialien, grosse Teile, SLA/SLS/MJF. | Sehr gut für wiederkehrende Funktionsteile, Halter und einfache Vorrichtungen. |
Diese Übersicht ist bewusst grob gehalten. Spannend wird es, sobald wir konkrete Zahlen eintragen.
Zwei Rechenbeispiele aus der Praxis
Für unsere Beispielrechnungen nehmen wir typische Werte aus der Praxis: ein solides PLA-Filament im Bereich von rund 15–20 CHF pro Kilogramm, wie zum Beispiel 3DJake ecoPLA, sowie einen Strompreis von etwa 0.29 CHF/kWh gemäss aktuellen ElCom-Angaben für das Jahr 2025 (swissinfo.ch). Die Leistungsaufnahme eines typischen FDM-Druckers im Betrieb liegt häufig um 80–150 W.
Für Dienstleister orientieren wir uns an Kostenbändern von etwa 0.50–3.00 €/cm³ für Kunststoffteile, wie sie in Preisübersichten von Services wie Rapidobject genannt werden. Online-Plattformen wie der Hubs 3D-Druck-Service zeigen ähnliche Grössenordnungen und Lead-Times von wenigen Tagen, abhängig von Material und Dringlichkeit.
Alle Zahlen sind Näherungen – sie helfen aber, ein Gefühl zu bekommen, ab wann sich ein eigener Drucker meist lohnt.
Beispiel 1: 10 kleine Halterungen pro Monat
Typischer Fall: Kleine Kabelhalter oder Clips, 30 g PLA pro Teil, etwa 5–6 Stunden Druckzeit auf einem FDM-Drucker.
- Material: 30 g sind 0.03 kg. Bei 18 CHF/kg sind das rund 0.55 CHF pro Teil.
- Strom: 6 h × 0.12 kWh × 0.29 CHF ≈ 0.21 CHF.
- Abschreibung & Wartung: Rechnet man einen Drucker für 500 CHF über zwei Jahre mit etwa 60 Druckstunden pro Monat, landet man grob bei 0.35–0.40 CHF pro Stunde. Für 6 Stunden sind das rund 2.10–2.40 CHF, plus vielleicht 0.10 CHF Verschleiss (Düsen, Kleber, Reinigungsmittel).
In Summe: ungefähr 3 CHF pro Teil, wenn der Drucker ordentlich ausgelastet ist. Bei 10 Teilen pro Monat sprechen wir von rund 30 CHF variablen Kosten.
Beim Dienstleister liegt dasselbe Teil – je nach Komplexität und Anbieter – schnell im Bereich von 15–40 CHF pro Stück, plus allfällige Set-up-Gebühren und Versand. Die Kosten sind dafür planbar, und ihr habt keinen Aufwand mit Fehldrucken.
In unserer Werkstatt haben wir mehrere ähnliche Fälle durchgerechnet. Bei 10–20 solcher Kleinteile pro Monat entscheiden sich Teams fast immer für einen eigenen Drucker – einfach, weil sich der höhere Anfangsaufwand nach wenigen Monaten bezahlt macht.
Beispiel 2: 50 Jigs und Vorrichtungen pro Monat
Jetzt wird es spannender: Ein KMU möchte pro Monat rund 50 Prüfjigs und Montagehilfen drucken. Ein Teil wiegt etwa 80 g PLA und läuft mit etwas schnelleren Profilen in rund 3 Stunden durch.
- Material: 0.08 kg × 18 CHF/kg ≈ 1.45 CHF.
- Strom: 3 h × 0.12 kWh × 0.29 CHF ≈ 0.10 CHF.
- Abschreibung & Wartung: 3 h × 0.35–0.40 CHF ≈ 1.05–1.20 CHF, plus 0.15 CHF Verschleiss.
Faustwert: rund 2.70–3.00 CHF pro Jig. Bei 50 Stück pro Monat liegen die variablen Kosten also grob um die 135–150 CHF – der Drucker rechnet sich hier sehr schnell.
Bei Dienstleistungsangeboten sehen wir für solche Teile oft Bandbreiten von 25–80 CHF pro Stück, je nach Verfahren, Material, Genauigkeit und Stückzahl. Der Service übernimmt dafür Qualitätssicherung, Verpackung und auf Wunsch auch das Finishing.
Ein anonymisiertes «Team Z», ein Elektronik-KMU aus der Region Zürich, stand genau vor dieser Frage. Nach einer gemeinsamen Kalkulation (inklusive konservativ geschätzter Fehldrucke) entschieden sie sich für einen eigenen FDM-Drucker – und nutzen heute zusätzlich gelegentlich einen Dienstleister für hitzebeständige Spezialteile.
Quelle: YouTube
Empfohlenes Erklärvideo: In diesem (englischen) Video wird Schritt für Schritt gezeigt, wie man 3D-Druck-Kosten sinnvoll kalkuliert – praktisch, wenn du deine eigenen Stundensätze und Materialpreise einsetzen willst.
Technik, Risiko & Lernkurve: Wo es in der Praxis klemmt
Ein eigener 3D-Drucker ist kein «Plug & Play»-Gerät, das man einschaltet und nie wieder anfasst. In den ersten Wochen sehen wir bei neuen Teams oft zweistellige Ausschussquoten – nicht weil der Drucker schlecht wäre, sondern weil Profile, Bauteilorientierung und Kleinigkeiten wie Lüfter oder Bettkleber noch nicht passen. Ganz ehrlich: Das war bei uns in der Werkstatt am Anfang auch so.
Typische Stolpersteine
- Fehldrucke: Erster Layer hält nicht, das Teil löst sich in der Hälfte des Jobs oder verzieht sich («Warping»). Ein sauberer Bed-Leveling-Workflow und ein Standard-First-Layer-Test sparen hier enorm Nerven.
- Falsche Erwartungen: CAD ist perfekt, der Druck aber nicht. FDM hat Grenzen bei Überhängen, feinen Schriften und sehr kleinen Bohrungen. Wer Toleranzen von ±0.05 mm erwartet, wird damit nicht glücklich.
- Wartung: Düse verstopft, PTFE-Schläuche altern, Druckbett verliert Haftung. Wir planen deshalb fixe Wartungs-Slots, statt nur zu reagieren, wenn es schon klemmt.
- Emissionen & Sicherheit: Gerade in Schulen oder offenen Labs dürfen ultrafeine Partikel und flüchtige Verbindungen nicht ignoriert werden. Institutionen wie NIOSH empfehlen gute Raumlüftung, geschlossene Gehäuse und teilweise Filterlösungen für 3D-Drucker in Makerspaces, Bibliotheken und Schulen.
Bei 33d.ch haben wir uns angewöhnt, neue Drucker und Materialien immer zuerst «im Kleinen» zu testen: kurze Standardteile, bewusst provozierte Fehler, dokumentierte Einstellungen. Erst wenn das stabil läuft, drucken wir produktive Teile oder lassen Kund:innen selber an die Maschine.
Was sich bei uns bewährt hat
- Standard-Profile im Slicer, die wir nur langsam und bewusst verändern.
- Ein einfaches «Fehler-Logbuch» (digital oder Papier), in dem wir Fehldrucke mit Foto und Ursache festhalten – das spart Diskussionen und Wiederholungsfehler.
- Ein klar definierter «Druckpate» im Team, der für Wartung, Materialbestellung und Schulungen zuständig ist.
- Für Schulen: Ein Raumkonzept mit Lüftung oder Luftreiniger, geschlossenen Druckern und klaren Regeln, wer wann drucken darf.
Für wen lohnt sich was? Hobby, Maker, KMU, Schule
Hobby & private Projekte
Wenn du nur ab und zu einen Ersatz-Clip, eine Handyhalterung oder ein Brettspiel-Upgrade drucken möchtest, kann ein Dienstleister völlig reichen – vor allem, wenn du erst einmal testen willst, ob 3D-Druck überhaupt etwas für dich ist. Die Stückpreise sind zwar höher, aber du musst weder Platz noch Zeit für einen eigenen Drucker freischaufeln.
Sobald du regelmässig druckst, Mods ausprobierst und vielleicht eigene Designs entwirfst, kippt die Rechnung sehr schnell Richtung Eigengerät. Ab grob 5–10 Teilen pro Monat, die nicht extrem gross oder exotisch sind, lohnt sich ein solider FDM-Drucker in den meisten Fällen.
Maker & Prototyping-Teams
Maker, Start-ups und Prototyping-Teams leben von schnellen Iterationen. Hier ist ein eigener Drucker fast Pflicht – sonst wartet ihr dauernd auf Pakete, statt zwei Varianten nacheinander über Nacht zu drucken. Dienste bleiben aber spannend für Spezialteile: z. B. SLS-Teile aus Nylon oder hochtemperaturbeständige Materialien, die man im Alltag nicht braucht.
KMU & Produktion
In KMU sehen wir zwei typische Muster: Entweder der Drucker steht bei der Entwicklung und liefert Halterungen, Jigs und Prototypen; oder er steht in der Vorfertigung und druckt kleine Hilfs- und Betriebsmittel. In beiden Fällen rechnet sich das Gerät sehr schnell, wenn regelmässig Teile benötigt werden.
Für sicherheitsrelevante Teile, sehr enge Toleranzen oder belastete Bauteile greifen viele KMU trotzdem gerne auf spezialisierte Dienstleister zurück – einfach, weil Prüfberichte, Materialzertifikate und Erfahrung mit industriellen Verfahren dort schon vorhanden sind.
Schulen & Bildungsinstitutionen
Schulen profitieren enorm von einem eigenen 3D-Drucker: Schülerinnen und Schüler sehen direkt, wie aus einer Idee ein reales Objekt wird. Gleichzeitig braucht es klare Sicherheits- und Aufsichtsregeln. Aus unserer Sicht sind geschlossene FDM-Drucker mit PLA oder PETG, gute Lüftung und klare Zuständigkeiten ein sinnvoller Startpunkt. Chemisch aufwändigere Verfahren wie SLA/Resin würden wir nur mit gut geschultem Personal und zusätzlicher Schutzausrüstung einsetzen.

Quelle: netzsieger.de
Bevor ihr kauft, lohnt sich ein ehrlicher Vergleich: Welche Baugrösse braucht ihr wirklich, welche Materialien sollen laufen und wie laut darf der Drucker im Büro sein?

Quelle: campus-schwarzwald.de
Tabellen mit Spezifikationen sind hilfreich – noch wichtiger ist aber, dass die Maschine zu euren konkreten Teilen und eurem Team passt.
Checkliste: Eigenkauf oder Dienstleister?
Eigener 3D-Drucker lohnt sich besonders, wenn …
- ihr regelmässig (z. B. > 5–10 Teile/Monat) ähnliche Bauteile braucht,
- Prototypen und Varianten schnell testen wollt («heute Idee, morgen Teil»),
- jemand im Team Lust hat, sich in Slicer, Materialien und Wartung einzuarbeiten,
- ihr vor allem FDM-taugliche Teile (Halter, Klammern, Jigs, Gehäuse) druckt,
- ihr den Drucker in einem geeigneten Raum mit Lüftung aufstellen könnt,
- ihr akzeptiert, dass die ersten Wochen eine Lernphase mit Fehldrucken sind.
3D-Druck-Dienstleister bleiben sinnvoll, wenn …
- ihr nur wenige Teile pro Jahr braucht oder erst einmal testen möchtet,
- es um grosse Bauteile, Metall- oder Hochleistungs-Kunststoffe geht,
- ihr enge Toleranzen, Prüfberichte oder Serienqualität benötigt,
- keine Zeit oder Ressourcen da sind, um intern Know-how aufzubauen,
- ihr Spitzen abfangen wollt, obwohl ihr schon einen eigenen Drucker habt.
Die beste Lösung ist in der Praxis oft hybrid: Standardteile laufen auf dem eigenen Drucker, alles Aussergewöhnliche geht an einen Dienstleister – so sehen wir es bei vielen unserer Kund:innen.
Praktische Fragen, die wir oft hören
- «Frisst der Strom nicht das ganze Budget?»
Nach unserer Erfahrung sind die Stromkosten im Vergleich zu Material und Arbeitszeit vernachlässigbar. Bei einem typischen FDM-Drucker liegen wir im Bereich weniger Rappen pro Druckstunde – der grosse Hebel ist, wie lange der Drucker läuft und wie viel Ausschuss entsteht. - «Wie schlimm sind Fehldrucke wirklich?»
Fehldrucke nerven, gehören aber am Anfang dazu. Mit sauberen Startprofilen, dokumentierten Einstellungen und einem kleinen Testteil, das ihr bei Änderungen zuerst druckt, lassen sie sich deutlich reduzieren. - «Ist Resin/SLA etwas für unsere Schule?»
Für Intro-Drucke würden wir klar mit FDM und PLA starten. Flüssigharze bringen zusätzliche Risiken bei Hautkontakt, Dämpfen und Entsorgung mit sich – das ist mit Jugendlichen nur mit sehr klaren Schutzmassnahmen und viel Betreuung sinnvoll. - «Können wir später vom Dienstleister auf einen eigenen Drucker umsteigen?»
Ja, das machen viele. Ein praxistauglicher Weg ist: zuerst mit Dienstleistern Erfahrungen sammeln, Geometrien und Anforderungen schärfen – und später die häufigsten Teile auf einen eigenen Drucker zu holen.
Quelle: YouTube
Vertiefung per Video: Hier wird gezeigt, wie verschiedene 3D-Druck-Verfahren funktionieren und wofür sie sich eignen – hilfreich, wenn du gerade deine langfristige 3D-Druck-Strategie planst.
Mini-Fazit in 5 Punkten
- Für gelegentliche Einzelteile und Spezialmaterialien ist ein 3D-Druck-Dienstleister bequem und planbar – keine Fixkosten, kein Wartungsaufwand.
- Sobald ihr regelmässig funktionale Kleinteile oder Prototypen druckt, rechnet sich ein eigener FDM-Drucker meist nach wenigen Monaten.
- Der eigentliche Kostentreiber ist nicht der Strom, sondern Maschinenzeit, Material und interne Arbeitszeit – effiziente Profile und wenig Ausschuss machen den Unterschied.
- Ein eigener Drucker braucht jemanden, der Verantwortung übernimmt: für Profile, Wartung, Sicherheit und Schulung.
- Die stärksten Setups, die wir bei 33d.ch sehen, sind hybride: Inhouse-Druck für Standardteile, Dienstleister für Spitzen und Spezialverfahren.
Passt gut dazu (interne Link-Ideen)
- 3D-Druck Toleranzen verstehen
- Filament richtig lagern und Feuchtigkeit vermeiden
- Typische 3D-Druck-Fehler und wie wir sie beheben
- FDM, SLA und SLS im Vergleich für KMU
- Sichere 3D-Druck-Setups für Schulen und Makerspaces