3D-Druck Glossar: Begriffe einfach erklärt

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Lisa Ernst · 22.11.2025 · Technik · 9 min

Wir kennen das noch gut: Der erste eigene 3D-Drucker steht auf dem Tisch, PLA ist eingelegt, das Benchy ist geladen – und dann stolperst du im Slicer über Begriffe wie Infill, Flow, Brim oder Bowden. Im Menü blinken plötzlich Dutzende Schieberegler, von Retract-Speed bis Z-Offset. In der Werkstatt bei 33d.ch sehen wir genau an diesem Punkt immer wieder ratlose Gesichter – und einen Haufen halbfertiger Fehldrucke.

Wer die Sprache des 3D-Drucks versteht, kann Probleme viel gezielter lösen: Statt „einfach mal irgendetwas zu verstellen“ weisst du, welche Stellschraube wofür zuständig ist. Dieses Glossar fasst die wichtigsten Begriffe aus der Praxis zusammen – mit typischen Fehlerbildern, konkreten Richtwerten und ehrlichen Anekdoten aus unserem Alltag.

Wie FDM-3D-Druck grob funktioniert (damit die Begriffe Sinn ergeben)

Die meisten Heim-, Schul- und Büro-Drucker arbeiten mit FFF/FDM. Ein thermoplastisches Filament wird von einer Spule in den Extruder gezogen, im Hotend erhitzt und Schicht für Schicht auf das Druckbett gelegt. Aus tausenden dieser dünnen Layer entsteht dein Bauteil.

Bevor der Druck startet, übersetzt ein Slicer dein 3D-Modell (STL oder 3MF) in G-Code – also konkrete Fahrwege, Temperaturen und Lüfterstufen für den Drucker. Viele Hersteller bieten eigene Glossare und Wissensseiten an; wir konzentrieren uns hier auf die Begriffe, die in der Praxis bei Hobby-Makers, Schulen und KMU immer wieder Fragen auslösen.

Kleine Empfehlung aus der Werkstatt: Wenn du mit einem neuen Drucker oder Material startest, nimm dir 10–15 Minuten Zeit und geh dieses Glossar einmal mit deinem Slicer nebeneinander durch. Du erkennst sofort, welche Regler wofür zuständig sind – das spart später viele Stunden Trial-and-Error.

Material-Begriffe: Filament, PLA, PETG & ABS

Materialwahl ist einer der grössten Hebel für stabile, alltagstaugliche Teile. In der Werkstatt bei 33d.ch sehen wir oft: Die Geometrie stimmt, die Slicer-Einstellungen sind halbwegs ok – aber das Material passt nicht zum Einsatzort. Ein Handyhalter aus PLA im heissen Auto hält zum Beispiel deutlich weniger lange durch als dieselbe Geometrie aus PETG.

Filament

Filament ist der dünne Kunststofffaden auf der Spule, aus dem FDM-Drucker ihre Teile aufbauen. Gängig sind 1,75 mm Durchmesser und Rollen zu 750 g oder 1 kg. Es gibt unzählige Varianten wie PLA, PLA-Plus, PETG, ABS, ASA, Nylon oder mit Glas- und Carbonfasern gefüllte Spezialmischungen.

In der Praxis achten wir bei 33d.ch zuerst auf drei Dinge: Durchmesser-Toleranz, Wicklung auf der Spule und Feuchtigkeit. Schlecht gewickelte oder stark schwankende Filamente führen zu ungleichmässigem Flow; feuchtes Material sorgt für Blasen und raue Oberflächen. Ein kurzer Testdruck (Kalibrierwürfel, dünne Wand) lohnt sich hier immer.

PLA, PETG und ABS im Vergleich (Richtwerte)

Hersteller geben eigene Temperaturbereiche an, aber für den Einstieg haben sich in der Praxis typische Fenster bewährt:

Material Düsentemperatur* Betttemperatur* Typische Eigenschaften & Einsatz
PLA ca. 190–220 °C 20–60 °C einfach zu drucken, kaum Warping, ideal für Deko, Prototypen, Gehäuse im Innenraum
PETG ca. 220–250 °C 70–90 °C zäher als PLA, temperaturbeständiger, leicht „klebrig“, gut für Halterungen, Aussenanwendungen
ABS ca. 230–250 °C 90–110 °C wärmebeständig, schlagzäh, neigt zu Warping, druckt sich am liebsten im geschlossenen Gehäuse

*Richtwerte, die je nach Hersteller und Drucker leicht variieren. Im Zweifel haben die Angaben auf der Filamentrolle Vorrang.

Uns ist am Anfang genau der Klassiker passiert: Wir haben Standard-Profile aus dem Slicer übernommen, aber im heissen Lagerraum standen die fertigen PLA-Teile direkt neben der Heizung. Spätestens nach ein paar Wochen waren Halter krumm und Clips spröde. Seitdem gilt: Funktions-teile, die Wärme und UV-Licht sehen, drucken wir fast nur noch aus PETG oder ABS – PLA bleibt für Prototypen, Modelle und dekorative Projekte.

Slicer-Einstellungen verständlich: Infill, Layerhöhe & Co.

Slicer wirken anfangs wie ein Cockpit mit zu vielen Schaltern. In der Praxis sind es aber ein paar Kernbegriffe, die du wirklich im Griff haben solltest. Den Rest kannst du später nach und nach feinjustieren.

Der typische 3D-Druck-Workflow: Von der digitalen Modellierung bis zum fertigen physischen Objekt.

Quelle: 3dnatives.com

Der typische 3D-Druck-Workflow: Von der digitalen Modellierung bis zum fertigen physischen Objekt.

Infill – das Innenleben deines Bauteils

Infill ist vereinfacht gesagt das Innenleben deines Teils: eine Gitter- oder Wabenstruktur im Inneren, die Aussenwände stützt. Sie bestimmt zusammen mit den Perimetern, wie stabil, schwer und materialintensiv dein Druck am Ende wird.

Für Deko-Objekte und einfache Halter wählen wir bei 33d.ch oft 10–20 % Infill mit einfachem Gittermuster. Für funktionale Teile – etwa Spannbacken, Werkzeughalter oder Maschinenteile – liegen wir je nach Belastung eher bei 30–50 % und stabileren Mustern wie Gyroid oder Cubic. 100 % Infill nutzen wir nur, wenn es wirklich sein muss; das kostet sonst unnötig Zeit und Filament.

Layer Height / Schichthöhe

Die Layer Height gibt an, wie dick jede gedruckte Schicht ist. Typische Werte mit 0,4-mm-Düse liegen zwischen 0,1 mm (sehr fein) und 0,28 mm (schnell, aber sichtbar gestuft). Ein verbreiteter Richtwert: Die Schichthöhe sollte höchstens rund 80 % des Düsendurchmessers betragen – bei 0,4 mm also etwa 0,32 mm.

Unsere Faustregel: Prototypen und Halterungen drucken wir meist mit 0,2–0,24 mm, detailreiche Figuren eher mit 0,12–0,16 mm. Wenn du unsicher bist, starte mit 0,2 mm und teste dich in beide Richtungen vor.

Perimeter / Wände

Perimeter sind die Aussenwände deines Bauteils. Mehr Wände erhöhen die Stabilität deutlich, ohne dass du gleich das Infill hochdrehen musst. Ein mechanisch belasteter Haken mit 3 Perimetern und 25 % Infill hält oft besser als ein Teil mit nur 2 Wänden, dafür 40 % Infill.

Brim & Raft für bessere Haftung

Ein Brim ist ein einlagiger „Kranz“ um dein Teil, der mit der ersten Schicht verbunden ist und die Auflagefläche vergrössert. Ein Raft ist eine mehrlagige, eigenständige Fläche unter dem Modell. Brims nutzen wir fast täglich, Rafts nur in Sonderfällen – sie erhöhen massiv den Materialverbrauch und die Nacharbeit, lohnen sich aber bei extrem schwierigen Geometrien.

Bed Leveling (Druckbett-Nivellierung)

Beim Bed Leveling stellst du sicher, dass der Abstand zwischen Düse und Druckbett an allen Ecken gleich ist. Nur dann haftet die erste Schicht zuverlässig – ohne, dass die Düse ins Bett kratzt oder die Linien „in der Luft“ hängen.

Ob mit Papiermethode oder automatischem Sensor: Wir lassen nach grossen Umbauten oder Transporten immer einen einfachen Leveling-Test laufen. Wenn schon die erste Schicht ungleichmässig ist, lohnt es sich kaum, den ganzen Druck fertiglaufen zu lassen.

Z-Offset

Der Z-Offset ist die feine Höhenkorrektur zwischen mechanischem Nullpunkt des Druckers und der tatsächlichen Position der Düse über dem Bett. Ist der Abstand zu klein, wird die erste Schicht brutal zusammengequetscht; ist er zu gross, bleiben die Linien nebeneinander liegen und haften schlecht.

Ein pragmatischer Ansatz: Erst das Bett grob nivellieren, dann mit einem einfachen First-Layer-Test den Z-Offset in 0,02–0,05-mm-Schritten nachjustieren, bis die Bahnen sauber nebeneinander liegen und noch erkennbar sind.

G-Code

G-Code ist die Abfolge einzelner Befehlszeilen, die dein Drucker versteht – vom „Bewege die Düse nach X/Y/Z“ bis zu Temperaturen und Lüfterstufen. Im Slicer kannst du dir die Bahnverläufe Schicht für Schicht ansehen. Wenn wir im Support einen „mysteriösen“ Fehler suchen, schauen wir uns fast immer zuerst die G-Code-Vorschau an: Sie zeigt gnadenlos, ob z. B. Support an der falschen Stelle landet oder Perimeter fehlen.

Retraction (Rückzug)

Retraction zieht das Filament bei Leerfahrten ein Stück zurück, damit kein Kunststoff aus der Düse tropft und feine Fäden („Stringing“) zwischen Modellbereichen entstehen. Zu wenig Retraction führt zu Spinnweben, zu viel kann das Filament beschädigen oder für Luftblasen sorgen.

Als grobe Startwerte fahren wir in Bowden-Systemen oft 4–6 mm Rückzug bei 25–40 mm/s, in Direct-Drive-Systemen eher 1–2 mm bei ähnlicher Geschwindigkeit. Wichtig ist, Änderungen schrittweise zu testen – idealerweise mit einem kleinen Stringing-Testmodell, bevor du grosse Drucke riskierst.

Mini-Checkliste: Wenn der Druck „komisch“ aussieht

Typische Fehler: Warping, Overhang, Stringing & Support

Wenn in unserer Werkstatt ein neues Material oder ein neuer Drucker dazukommt, investieren wir bewusst ein paar Stunden in Testdrucke: Würfel, Türmchen, Bridges. Damit provozieren wir typische Fehler und sehen schnell, welche Begriffe im Slicer wir anfassen müssen.

Testdrucke wie diese Quadrate helfen bei der Kalibrierung und Optimierung der Druckereinstellungen.

Quelle: threedom.de

Testdrucke wie diese Quadrate helfen bei der Kalibrierung und Optimierung der Druckereinstellungen.

Warping – wenn sich die Ecken hochziehen

Warping beschreibt das Hochbiegen von Kanten, wenn das Material beim Abkühlen schrumpft und sich teilweise vom Druckbett löst. Besonders ABS und grössere Teile sind dafür anfällig. Das Ergebnis sind krumme Gehäuse, verzogene Flächen und im schlimmsten Fall abgebrochene Drucke.

Overhang & Bridging

Overhangs sind Bereiche, die schräg „in die Luft“ gedruckt werden; Bridging sind waagrechte Spannweiten zwischen zwei Punkten. Je stärker der Winkel oder je länger die Brücke, desto eher hängen Bahnen durch oder reißen.

Support (Stützstrukturen)

Support sind temporäre Stützstrukturen, die der Drucker unter Overhangs oder frei schwebenden Bereichen aufbaut. Sie werden nach dem Druck entfernt. Zu wenig Support und dir hängen Schichten durch; zu viel Support und du verbringst den Abend mit Zange und Cutter.

In der Praxis hat sich für uns bewährt: Support nur dort aktivieren, wo die Geometrie es wirklich braucht („Support nur vom Druckbett“ einstellen, Kontakt-Z-Abstand leicht erhöhen und den Support-Dichte-Wert moderat halten). So bleiben Unterseiten akzeptabel sauber, ohne dass du die Teile zerlegst.

Stringing – feine Fäden zwischen Bauteilen

Stringing sind die feinen Fäden, die zwischen zwei Bereichen deines Modells hängen, wenn die Düse beim Umfahren weiter Material verliert. Das sieht unsauber aus, lässt sich aber mit korrekter Retraction-Einstellung, etwas niedrigerer Düsentemperatur und trockenem Filament meist schnell in den Griff bekommen.

Ein praktischer Ansatz: Zuerst ein kleines Stringing-Testmodell drucken, dann schrittweise Retraction-Distanz und Temperatur anpassen. Wenn die Fäden weniger werden, kannst du die gleichen Einstellungen auf deine echten Projekte übertragen.

Empfohlenes Video zum Thema Stringing und Retraction: Stop the stringing with Retraction! (3D Printing 101)

Bauteile am Drucker: Extruder, Bowden, Direct-Drive, Hotend & Nozzle

Viele Begriffe im 3D-Druck beschreiben schlicht bestimmte Bauteile des Druckers. Wenn du weisst, was wo sitzt, fällt die Fehlersuche deutlich leichter.

Der FDM-Druckprozess: Schicht für Schicht zum fertigen Objekt.

Quelle: fast-part.de

Der FDM-Druckprozess: Schicht für Schicht zum fertigen Objekt.

Bowden-Extruder

Beim Bowden-Setup sitzt der Extrudermotor am Rahmen des Druckers. Das Filament wird durch ein PTFE-Röhrchen (Bowden-Tube) bis zum Hotend geschoben. Die bewegte Masse am Druckkopf ist gering, weshalb höhere Geschwindigkeiten möglich sind. Gleichzeitig ist der Filamentweg länger und empfindlicher – vor allem bei flexiblen Materialien.

Typisch: Ein Bowden-Drucker frisst PLA und PETG ohne Probleme, tut sich aber mit sehr weichen TPU-Filamenten schwer. In unserer Werkstatt haben wir für solche Fälle ein, zwei Maschinen mit Direct-Drive reserviert, statt jeden Drucker „mit Gewalt“ zu TPU-Spezialisten umzubauen.

Direct-Drive-Extruder

Beim Direct-Drive sitzt der Extrudermotor direkt auf oder sehr dicht am Hotend. Das Filament legt nur eine kurze Strecke bis zur Düse zurück. Dadurch reagiert der Drucker sensibler auf Retraction-Befehle und kann flexible Filamente deutlich besser verarbeiten. Die Kehrseite: Mehr Gewicht am Druckkopf, was je nach Gerät etwas geringere Maximalgeschwindigkeiten bedeutet.

Extruder

Der Extruder ist vereinfacht das „Muskelpaket“ des Druckers: Zahnräder oder Rändelwellen greifen das Filament und drücken es Richtung Hotend. Wenn der Extruder das Filament nur noch anfräst und tiefe Rillen hinein schabt, stimmt oft die Anpresskraft nicht – oder die Düse ist teilweise verstopft, sodass das Material nicht mehr sauber nachfliessen kann.

Hotend

Im Hotend wird das Filament auf Schmelztemperatur gebracht. Es besteht aus Heizelement, Heizblock, Heatbreak, Kühlkörper und Düse. Zu kalt, und das Filament haftet schlecht; zu heiss, und du handelst dir Stringing, Fäden und im Extremfall verbrannte Rückstände ein, die zu Verstopfungen führen.

Nozzle / Düse

Die Nozzle ist die kleine Öffnung am Ende des Hotends, durch die das geschmolzene Filament auf das Druckbett gelangt. Standard sind 0,4 mm, es gibt aber feinere und gröbere Varianten. Grössere Düsen (0,6–0,8 mm) drucken grosse Teile deutlich schneller, erzeugen aber sichtbarere Layer; kleinere Düsen (0,25–0,3 mm) sind ideal für feine Schrift, kleine Löcher und Miniaturen – dafür steigt die Druckzeit spürbar.

In der Praxis lohnt es sich, für bestimmte Projekte bewusst die Düse zu wechseln, statt alles mit dem Standard-Setup lösen zu wollen. Für einen grossen Pflanzkübel aus PETG ist eine 0,8-mm-Düse ein Segen – für Detail-Logos dagegen eher nicht.

Kurz zusammengefasst: So nutzt du dieses 3D-Druck Glossar

Begriffe wie Infill, Brim, Retraction oder Z-Offset sind keine theoretischen Spielereien – sie sind direkte Stellschrauben für deine Druckqualität. Wenn bei uns in der Werkstatt etwas schiefgeht, greifen wir praktisch immer auf dieselben Schritte zurück:

Genau so arbeiten wir auch bei 33d.ch im Alltag: systematisch statt im Blindflug, mit klaren Begriffen und sauberen Testreihen. Das kostet am Anfang etwas Zeit, spart aber auf Dauer enorm viel Material, Nerven und Fehldrucke.

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Empfohlenes Video für einen schnellen Rundum-Überblick: 3D PRINTING 101: The ULTIMATE Beginner's Guide

Wenn du vor allem mit dem Bed-Leveling kämpfst, hilft dir vielleicht dieses Tutorial weiter: Bed levelling for beginners to achieve a perfect first layer

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